Eröffnungsrede

Sehr geehrter Genosse Minister, Armeegeneral a. D. Heinz Keßler,
sehr geehrter Genosse Minister, Admiral a. D. Theodor Hoffmann,
verehrte Mitglieder des Präsidialrats, liebe Genossen und Freunde,
werte Gäste!

Am 18.01.1956 beschloss die Volkskammer der DDR das Gesetz über die Schaffung der NVA. Die ersten Führungsorgane und Truppenteile wurden dann am 01.03. vor 55 Jahren aufgestellt und vereidigt. Dieses Jubiläum wollen wir mit dieser Festveranstaltung angemessen würdigen.

Die erste Generation, die den Fahneneid leistete, hatte den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen noch erlebt. Zu dieser Generation gehörten Spanienkämpfer, antifaschistische Widerstandskämpfer, aber auch ehemalige Angehörige der Wehrmacht, die durch ihre Mitarbeit im Nationalkomitee Freies Deutschland ein Bekenntnis zu einem neuen antifaschistischen Deutschland abgelegt hatten. Sie alle prägten den Charakter der NVA und sie einte die Überzeugung, dass sich so ein Krieg niemals wiederholen darf. Sie waren gewillt, ihr konsequent antifaschistisches Vaterland, die DDR, gegen Angriffe von außen zu verteidigen.

Mit der heutigen Festveranstaltung, zu der ich Euch als Vizepräsident im Namen des Traditionsverbandes Nationale Volksarmee e.V. hier im Tierpark Berlin, dem größten Landschaftstiergarten Europas, ganz herzlich begrüße, wollen wir uns an unsere Dienstzeit erinnern, an unsere Genossen, mit denen wir gemeinsam auf Wacht für den Frieden standen, an unsere Waffenbrüder aus den anderen Armeen des Warschauer Vertrages, besonders der Sowjetarmee, ohne die die Entwicklung der NVA zu einer schlagkräftigen Armee, zu einem zuverlässigen und geachteten Partner, und die Erfüllung der Aufgaben zur Friedenssicherung nicht möglich gewesen wäre.

Wir freuen uns, dass Ihr so zahlreich erschienen seid, mussten doch viele von Euch eine lange und beschwerliche Anreise bewältigen. So kommt ein Genosse aus Rumänien, andere kommen aus Bayern, von der Küste oder aus Mecklenburg-Vorpommern und andere haben sich trotz Behinderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg gemacht.

Wir grüßen all jene, die gern an dieser Veranstaltung teilgenommen hätten, jedoch auf Grund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustandes der Einladung nicht folgen konnten.

Wir grüßen den Präsidenten unseres Verbandes, Oberstleutnant a.D. Gürgen, und Generaloberst Reinhold, Chef der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung, und wünschen beiden schnelle und vollständige Genesung.

Wir begrüßen führende Vertreter und Angehörige der anderen bewaffneten Organe der DDR, des MfS, MdI, der Zollverwaltung und Zivilverteidigung, die mit ihrer Anwesenheit der NVA Ehre erweisen.

Wir freuen uns, dass wir zu unserer Festveranstaltung die Militärattachés aus elf Staaten begrüßen können.

Wir begrüßen die Vorsitzenden und Vertreter von ISOR und der GRH, die Angehörige der NVA sowie der anderen bewaffneten Organe der DDR im Kampf um die ihnen zustehenden Rechte unterstützen, und möchten ihnen unsere Anerkennung und unseren Dank übermitteln. Wir sind solidarisch mit allen ehemaligen Angehörigen der NVA und der Grenztruppen der DDR, die nach dem Beitritt der DDR von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland verfolgt und inhaftiert wurden, und möchten ihnen ausdrücklich unsere Achtung und unseren Respekt zum Ausdruck bringen.

Wir gedenken aller Opfer des Kalten Krieges, bekunden unser Mitgefühl mit den Hinterbliebenen, deren Angehörige während des Dienstes in den Streitkräften ihr Leben verloren oder Dienstbeschädigen erleiden mussten, und erklären unsere Solidarität im Kampf um die Durchsetzung ihrer Rechte.

Von dieser Veranstaltung aus gedenken wir auch der Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten, die den 55. Jahrestag der Gründung der NVA nicht mehr erleben konnten.

Die NVA und ihre Entwicklung zu einer modernen, dem Volk verbundenen Armee war in erster Linie das Ergebnis der Leistungen der Werktätigen und der Anstrengungen aller Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten, die im Interesse der Erhaltung des Friedens ganz bewusst große Entbehrungen auf sich genommen haben. Auch der Anteil der Familienangehörigen der Soldaten am hohen Stand der Gefechtsbereitschaft verdient große Anerkennung. Ein hartes Dienstsystem, wohnen an entlegenen Standorten, oftmaliges Umziehen, damit verbundene Umschulungen der Kinder, nicht selten längere Abwesenheit der Männer zur Wahrnehmung dienstlicher Pflichten und fehlende oder der Qualifikation nicht angemessene Arbeitsmöglichkeiten an den Standorten – alles das nahmen die Soldatenfamilien im Interesse der Friedenssicherung auf sich. Die Familien waren unser zuverlässiges Hinterland. Dafür können wir ihnen nicht genug danken.

In der BRD ist bis heute das Verhalten gegenüber den Armeeangehörigen der DDR durch das Denken und die Rhetorik des Kalten Krieges gekennzeichnet. Die Diskriminierung der Berufssoldaten reicht von der Leugnung von Tatsachen, der Verfälschung der Geschichte der NVA und der Biografien ihrer führenden Kader bis zur gerichtlichen Verfolgung von Angehörigen der NVA, der Grenztruppen der DDR und des MfS.

Für viele stellt sich in der Erinnerung an den oft harten und entbehrungsrei-chen Dienst, den wir auf uns genommen haben, die Frage, ob alles umsonst war.

Wir standen in der ersten Staffel der Nahtstelle zwischen den beiden stärksten Militärblöcken, der Nato und dem Warschauer Vertrag. Ein Krieg wäre auf deutschem Boden ausgetragen worden und hätte beide deutsche Staaten vernichtet. Es ist nicht zu leugnen, dass das militärische Gleichgewicht zwischen den beiden größten Militärblöcken den Frieden sicherte. Zur Erhaltung dieses Gleichgewichts hat die NVA ihren Beitrag geleistet. Und das ist eine Tatsache, darum war unser Dienst nicht umsonst. Was wiegt mehr als die Erhaltung des Friedens?

Die Erkenntnis, dass ein Krieg bei Strafe des eigenen Untergangs nicht mehr führbar war, führte Politiker der beiden Militärblöcke schließlich Mitte der 70er-Jahre zur Einsicht, dass Krieg kein Mittel der Politik sein kann und darf. Heute wird erklärt, dass Krieg durchaus zur Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Interessen zur Sicherung des Lebensstandartes legitim ist und das wird auch mit all seinen verheerenden Folgen praktiziert.

Wir dienten einem Staat, der eine Alternative zum imperialistischen deutschen Staat war und der eine Politik des Friedens betrieb. Kein Soldat der NVA hat jemals in kriegerischer Absicht das Territorium eines anderen Staates betreten.

Wir haben gedient, um den Krieg zu bekämpfen, bevor er ausbricht, um den Frieden zu erhalten für unser Volk, auch für die Bevölkerung der BRD und für die Nachbarvölker. Darin bestand der Sinn des Dienstes in der NVA, bestand und besteht der Sinn unseres Lebens als Soldaten für den Frieden.

Wir haben allen Grund, stolz zu sein, denn wir haben alle gemeinsam, jeder an seinem Platz, als Armee des Volkes unseren Auftrag zur Sicherung des Friedens in Ehren erfüllt. Darin besteht unsere bedeutendste Tradition, und wir werden diese Tradition als Soldaten des Friedens nicht nur bewahren, sondern ehrenhaft weitergeben. Das ist unsere Aufgabe und unser Versprechen.

Wir wünschen der heutigen Festveranstaltung einen würdigen und festlichen Verlauf.

von web597 (Kommentare: 0)

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