Zu "Die Welt bereitet sich auf einen Krieg vor"

Aggression mit Ansage!

Die islamische Republik Iran befindet sich schon lange Zeit im Fadenkreuz US-amerikanischer Geopolitiker und Strategen. Das Land ist ein Hindernis für die Ausweitung amerikanischer Machtpositionen im Mittleren Osten. Neben dem für die Vereinigten Staaten und den Westen existenziellen Zugriff auf die Energieressourcen geht es um den strategischen politischen Einfluss und den militärischen Handlungs-spielraum gegen Russland und die Volksrepublik China. Ein mit militärischen Mitteln herbeigeführter Regimewechsel im Iran würde die de facto-Einkreisung Russlands komplettieren und den Vereinigten Staaten die ungehinderte Einflussnahme auf die politischen Geschicke aller umliegenden Staaten ermöglichen. Betroffen wären nicht nur der im Gefolge der US-Aggression ruinierte Irak, sondern vor allem Syrien und die Staaten der Kaspi-Region, was unmittelbar russische Interessen berühren würde. Und China hat mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße, das eine neue Qualität wirtschaftspolitischer Machtprojektion im Eurasischen Raum darstellt, bereits aktuell US-amerikanische Selbstgewissheiten und strategische Allmachtphantasien infrage gestellt. Dem Imperium läuft ökonomisch und militärpolitisch die Zeit davon. Schon bald könnte ein Zustand eintreten, der es den Vereinigten Staaten nicht mehr ermöglichen würde, weltweit nach eigenem Gutdünken über missliebige Gegner ungestraft herzufallen. Also muss man jetzt Pflöcke einschlagen und geopolitische Tatsachen schaffen – notfalls auch durch einen Krieg. Da ist es eher hinderlich, wenn der mittlerweile geschasste US-Geheimdienstkoordinator erklärte, dass der Iran die Bedingungen des Atom-Abkommens eingehalten hat und wenn das auch von internationalen Expertengremien bestätigt wurde.

Statistisch betrachtet neigen US-Präsidenten zudem immer in ihrem dritten Amtsjahr dazu, ihr ruiniertes Image durch brachial inszenierte Waffengänge gegen militärisch schwächere Gegner aufzupolieren. Diese Ambitionen sind in Lateinamerika ge-scheitert, weil die Hegemonialmacht andere Staaten der Region nicht zu einer offenen Aggression gegen Venezuela aufstacheln konnte. Doch das Imperium braucht für solche Interventionen willige Verbündete. Das gibt den Operationen eine scheinbare Legitimation. Und man möchte die Kosten solcher Kriege – auch die Folgekosten – gerne den jeweiligen Verbündeten anlasten, um den ohnehin überstrapazierten US-Haushalt zu entlasten. Andere sollen für Amerikas Kriege und Amerikas Machtentfaltung die Rechnung zahlen.

Das gilt auch für den angestrebten Krieg gegen den Iran. Saudi-Arabien und Israel reichen als Bündnispartner nicht aus. „Der Westen“ – vor allem Großbritannien, Frankreich und Deutschland – sollen einen solchen Krieg als konzertierte Aktion im Interesse des freien Welthandels adeln. Um das zu erreichen, greift Washington nicht mehr nur zu grobschlächtigen Manipulationen und gezielten Provokationen, sondern überzieht ihre sogenannten Partner in der „westlichen Wertegemeinschaft“ mit Sanktionen. Wer die US-Iranpolitik kritisiert und sich der Aufkündigung des Atom-Abkommens verweigert, wird abgestraft. Dass dabei der Geltungsbereich von US-Gesetzen auf andere Staaten ausgedehnt wird, ist ein politischer Skandal, der allerdings in der Europäischen Union nur mit einigen lendenlahmen Protesten und hilflosen wirtschaftspolitischen Gesten beantwortet wird. Und so kann der als Trumps Statthalter in Deutschland auftretende US-Botschafter Richard Grenell lauthals fordern, dass Deutschland als größte Wirtschaftsmacht in Europa sich an einer gegen den Iran gerichteten Marine-Mission unter amerikanischer Führung beteiligt. Der dezente Hinweis auf 34.000 in Deutschland stationierte US-Soldaten, die angeblich für Deutschlands Sicherheit sorgen, durfte natürlich in diesem Zusammen-hang nicht fehlen. Dass die US-Stützpunkte in der Bundesrepublik für die ameri-kanische Kriegführung im Mittleren Osten unverzichtbar sind, weil von hier aus der Drohnenkrieg geführt wird und wichtige Logistikaufgaben wahrgenommen werden, verschwieg der smarte Politik-Verkäufer mit dem Cowboyhut und dem Colgate-Lächeln wohlweislich. Und dass mit den von diesen Stützpunkten ausgehenden Handlungen zur Führung von Angriffskriegen permanent gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik und gegen das Völkerrecht verstoßen wird, scheint auch niemanden zu kümmern. Noch verschließt sich die Bundesregierung diesem Ansinnen, doch einige ausgewiesene Transatlantiker betätigen sich bereits als Lobbyistentruppe für eine solche Marinemission. Der westliche Flottenaufmarsch dürfte indes zu einer Eskalation der Lage in der Region führen und könnte sehr schnell in einen Krieg münden, für den es kein Exit-Szenario gibt und der mit extremen wirtschaftlichen und migrationspolitischen Folgewirkungen auch für Deutschland verbunden wäre – ganz zu schweigen von eventuellen militärischen Verlusten. Angesichts der Risiken eines solchen Einsatzes und der Rechtslage kann man nur hoffen, dass die Bundesre-gierung wenigstens in dieser Angelegenheit ihre transatlantische Nibelungentreue aufkündigt und außenpolitisch den Weg der Vernunft und der De-Eskalation weitergeht.

von Gast (Kommentare: 0)

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