Zur Streitkräfteplanung der Bundeswehr

Derzeit dominieren zwar in den Medien Meldungen über den unzureichenden Ausrüstungszustand der Bundeswehr, über defekte Flugzeuge, Hubschrauber und U-Boote, doch mittlerweile werden durch die Politik – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – Weichenstellungen zum Ausbau der Streitkräfte vorgenommen. Und die Militärs nutzen die neuen Möglichkeiten.

Das wird am Beispiel des Heeres deutlich. So wurde im Juni 2019 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr ein „Konzept Landmobilität“ in Kraft gesetzt, dessen Realisierung zu einem massiven Zuwachs an Kampfkraft bei den Heeresver-bänden führen wird. So sollen zukünftig sechs Panzerbataillone mit insgesamt 360 Kampfpanzern Leopard 2 in den Versionen A6M und A7V zur Verfügung stehen. Bis 2023 sollen 103 Leopard 2 älterer Versionen auf den Ausrüstungsstand des A7V nachgerüstet werden. Auch 200 Schützenpanzer Marder sollen im Bestand von vier der insgesamt neun aktiven Panzergrenadierbataillone verbleiben. Allerdings werden die in die Jahre gekommenen Fahrzeuge modernisiert und z.B. mit dem Lenkflug-körpersystem Mells ausgestattet. Hinzu kommen bis 2020 zunächst 342 Schützen-panzer Puma, 220 weitere Fahrzeuge dieses Typs sollen folgen. Die fünf derzeit aktiven Jägerbataillone und das Gebirgsjägerbataillon 231 nutzen das gepanzerte Transport-Kfz. Boxer. Bislang sind in der Truppe 125 Boxer als Transportfahrzeuge und 65 als Führungsfahrzeuge im Einsatz. Seit 2018 werden 131 zusätzliche Fahrzeuge in der Version A2 für den Mannschaftstransport sukzessive ausgeliefert. Sowohl Puma als auch Boxer sind mit ca. 30 Tonnen Gewicht luftverlegbar – sofern die noch vorhandenen technischen Probleme bei dem dafür vorgesehenen Trans-portflugzeug A400M gelöst werden können.

400 geländetaugliche und luftverlegefähige Einsatzfahrzeuge Mungo und 100 Luftlandepanzer Wiesel 1 sind derzeit im Bestand der Streitkräfte, wobei der Luft-landepanzer Wiesel das Lenkwaffensystem Mells erhält und bis 2025 im Truppendienst verbleiben soll. Ab 2025 sollen Mungo und Wiesel durch einen „luftbeweglichen schweren Waffenträger“ ersetzt werden. Die Jägerbataillone und das Gebirgsjägerbataillon sollen dann einen „schweren Waffenträger mit Turm“ erhalten. Bereits aktuell werden 270 Transportpanzer Fuchs modernisiert (Version 1A8) und vor allem mit Minen- und Sprengfallenschutz ausgerüstet. Im Bestand des Heeres verbleiben zudem ca. 100 Panzerhaubitzen 2000 und 38 modernisierte Raketensysteme MARS.

Diese Modernisierungs- und Beschaffungsmaßnahmen werden durch Neure-gelungen für Reservisten flankiert (Strategie der Reserve des Bundesministeriums der Verteidigung 2019). Weil das Heer im Jahr 2031 über drei einsatzbereite Divisionen mit acht Brigaden verfügen soll, müssen verstärkt Reservisten bereitstehen, um die Truppenteile schnell und flexibel auf Einsatzstärke bringen zu können. Auch die Erfüllung territorialer Sicherungs- und Logistikaufgaben muss personell sichergestellt werden, weil Deutschland als Aufmarschgebiet- und Transitland für Truppentransporte im Krisenfall eine zentrale Rolle innerhalb der NATO spielen wird. Allerdings ist der Reservistendienst in Friedenszeiten noch freiwillig, was die Personalplaner der Bundeswehr nicht befriedigen kann. Doch in einem Zwischenschritt sollen zukünftig alle aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Soldaten für sechs Jahre der Reserve zugeordnet werden. Jährlich verlassen ca. 15.000 Soldaten den aktiven Dienst. Geplant ist, dass auf Weisung der Bundesregierung zukünftig bereits vor der Feststellung des Spannungs- und Verteidigungsfalls unbefristete Übungen als Bereitschaftsdienst angeordnet und Reservisten unbefristet einberufen werden können, um den schnellen Aufwuchs der Streitkräfte zu gewährleisten. Außerdem könnte die Bundesregierung die Aussetzung der Wehrpflicht zurücknehmen. Derzeit dürfte es dafür zwar keine politische Mehrheit geben – das könnte sich im Spannungsfall jedoch schnell ändern.

Quellen: Klos, Dietmar: Die „Strategie der Reserve auf der Zielgeraden“ In: Europäische Sicherheit & Technik 9/2019 Europäische Sicherheit – Strategie und Technik. S. 38-40

Klos, Dietmar: Mobilität der Landstreitkräfte. Ebenda S. 82-87

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