Kommentar der Redaktion

MONAT DER GIPFELTREFFEN
Quelle: Collage, Archiv tvnva

Joseph Biden in Europa

Vom 11. bis 13. Juni 2021 fand der G7-Gipfel in Cornwall, am 14. Juni 2021 der NATO-Gipfel in Brüssel und am 15. Juni 2021 der USA/Russland-Gipfel in Genf statt. Nachfolgend sollen die Positionen der G7 sowie der NATO dargestellt werden, welche hinsichtlich deren wirtschaftlicher und militärischer Führungsrolle in der Welt formuliert wurden.

Nach der Abschlusserklärung der G7 Staaten sehen sich diese Länder als die größten Länder und Volkswirtschaften der Welt und wollen als solche ihre Verantwortung bei der Aufrechterhaltung des regelbasierten internationalen Systems und des Völkerrechts wahrnehmen. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten kann nur auf der Grundlage des Wertesystems der G7 Staaten erfolgen.

Der absehbare Aufstieg Chinas zur größten Volkswirtschaft der Welt wird als Bedrohung für die faire und transparente Funktionsweise der Weltwirtschaft angesehen. Diese Bedrohung ist durch kollektive Maßnahmen abzuwehren.

Die G7 haben ihr Interesse an stabilen und berechenbaren Beziehungen zu Russland bekräftigt und eine Zusammenarbeit in Bereichen übereinstimmender Interessen wird als möglich betrachtet. Russland wird gleichzeitig aufgefordert, sein destabilisierendes Verhalten, seine bösartigen Aktivitäten und seine Einmischung in die demokratischen Angelegenheiten anderer Länder einzustellen. Russland wird weiterhin aufgefordert, seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen und das systematische Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung und die Medien einzustellen.

Russland wird als Konfliktpartei in der Ost-Ukraine angesehen und aufgefordert, die von ihm unterstützten bewaffneten Kräfte zum Waffenstillstand zu veranlassen.

Durch die G7 Staaten wird der Normandie-Prozess sowie die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen unterstützt. Gleichzeitig unterstützen die G7 den Reformprozess in der Ukraine.

Der NATO Gipfel ist nach seiner Abschlusserklärung zu der Position gelangt, dass Russland und China eine Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit darstellen.

Russland ist nicht nur ein systemischer Wertekonkurrent, sondern auch eine geostrategische Herausforderung. Russlands aggressive Handlungen sind eine unmittelbare Gefahr für die euroatlantische Sicherheit. Hinzu kommt die Aufrüstung und Modernisierung aller militärischen Bereiche: Land, Wasser, Luft, Weltall und Cyber. Weiter wird festgestellt, dass Russland seine hybriden Aktionen gegen NATO Verbündete und Partner verstärkt hat und hierbei auch stellvertretende Akteure zum Einsatz kommen.

Die NATO Mitglieder werfen China, ebenso wie Russland hybride Vorgehensweisen wie Desinformation und Agitation vor. Das erfolgreiche und selbstbewusste Auftreten Chinas in Wirtschaft und Politik stellt systemische Herausforderungen für die regelbasierte internationale Ordnung und relevante Sicherheitsbereiche der Allianz dar. Hinzu kommt die Sorge wegen des zu beobachtenden Tempos der Aufrüstung, insbesondere im Bereich der land-, wasser-, und luftgestützten Trägersysteme für atomare Mehrfach-Sprengköpfe. Die militärische Zusammenarbeit zwischen China und Russland wird als bedrohlich eingeschätzt. China verfügt mittlerweile über die weltweit größten Seestreitkräfte mit 350 Schiffen. Die Kriegsflotte der USA umfasst 300 Schiffe, wobei deren globale Fähigkeiten und Feuerkraft der chinesischen Kriegsflotte weit überlegen sei (Deutschland geht sogar davon aus, dass China derzeit keine ernst zu nehmende militärische Bedrohung für die Allianz darstellt).

Die NATO Mitglieder verstehen sich nicht lediglich als Interessengemeinschaft, sondern als Wertegemeinschaft, basierend auf Repräsentativsystemen. Russland hingegen wird als autoritäres Herrschaftssystem und China als totalitäres Einparteisystem gekennzeichnet. Die NATO habe, neben ihrem Wertesystem, auch eine Milliarde Menschen ihrer Mitglieder zu verteidigen.

Die Strategie gegenüber Russland und China besteht zusammengefasst in der Aufrechterhaltung von Gesprächsbereitschaft bei gleichzeitiger militärischer Abschreckung. Dies entspricht dem Konzept des „Kalten Krieges“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, das auf militärischer Stärke und Entspannungspolitik beruhte.

Die Ergebnisse des USA/Russland-Gipfels bewegten sich im Rahmen dessen, was durch die vorausgegangenen Gipfeltreffen erklärt wurde. Beide Seiten betonten, dass die persönliche Begegnung dazu beigetragen hat, die häufig gegenteiligen Positionen kennenzulernen und zu verstehen. Auf beiden Seiten seien die Interessen der vertretenen Länder und Völker artikuliert worden.

Nach Rückkehr der Botschafter beider Seiten werden alle offenen Fragen im Zusammenwirken mit den Außenministerien auf diplomatischem Weg abgearbeitet.

Der Konflikt in der Ost-Ukraine kann nur auf der Basis des Minsker Abkommens reguliert werden.

Die von der Ukraine angestrebte Aufnahme in die NATO war kein Gesprächsthema.

Es bestand Übereinstimmung darin, dass die Gespräche zum Abschluss von Vereinbarungen aus dem Gebiet der Rüstungskontrolle wieder aufgenommen werden. Die gegenseitigen Vorwürfe bezüglich zunehmender Hackerangriffe sollen von einer Expertenkommission untersucht werden.

Durch Biden und Putin wurde übereinstimmend erklärt, dass es in einer atomaren Auseinandersetzung keinen Sieger geben könnte. Es wurde an entsprechende Erklärungen von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow während der Abrüstungsbemühungen in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erinnert.

Der EU-Gipfel vom 24. Bis 25. Juni 2021 konnte sich nicht dazu entschließen, gegenüber Russland Gesprächsbereitschaft auf Spitzenebene zu signalisieren. Ein entsprechender deutsch/französischer Vorschlag fand nicht die erforderliche Zustimmung. Damit bleibt Abschreckung das Mittel der Wahl.

Der Juni 2021 war ein Monat voller Gipfel, welche die Welt nicht sicherer gemacht haben.

von Redaktion (Kommentare: 0)

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