Der operativ-taktische Raketenkomplex „Iskander-M“

ISKANDER M
Quelle: Collage, Archiv tvnva

Dass die Reichweite des russischen operativ-taktischen-Raketenkomplexes „Iskander-M“ ausreicht, um 14 Hauptstädte der NATO-Staaten zu zerstören, berichtet die chinesische Ausgabe von QQ-Tencent. Es ist möglich, dass die chinesischen Militärs etwas mehr über das Potenzial der russischen Raketen wissen, aber die angegebene Reichweite beträgt nach bisheriger Sicht nur 500 Kilometer. Die Raketen der in der Region Kaliningrad eingesetzten „Iskander“ können nur Vilnius, Riga, Tallin, Warschau oder die Vororte von Berlin (527 Kilometer entfernt) sowie Stockholm (534 Kilometer in gerader Linie entfernt) erreichen.

Von Syrien aus, wo auch russische „Iskander“ präsent sind, können sie noch Ankara  treffen, wenn sie vom russischen Stützpunkt Khmeimim an die syrisch-türkische Grenze verlegt werden. Aber bis Rom, Athen oder zu den Hauptstädten Rumäniens, Bulgariens und der anderen Balkanländer, die Mitglieder des NATO sind, sind es mehr als tausend Kilometer. Wahrscheinlich haben die chinesischen Militärs das Zerstörungspotential anderer russischer Raketensysteme gemeint und dieses unter dem allgemeinen Namen „Iskander“ geäußert.

Mittlerweile sind über 150 Selbstfahrlafetten (SFL) des Komplexes „Iskander“ bei den russischen Streitkräften im Einsatz und werden ständig modernisiert. Und vier „Iskander“-Komplexe  wurden nach Eriwan geliefert, aber deren Raketen stehen streng unter der Kontrolle des russischen Militärs in Armenien.

Die „Iskander“ in der Region Kaliningrad sind auf die potenziellen Positionen der amerikanischen Tomahawk-Raketen gerichtet, die Warschau auf seinem Territorium stationieren möchte. Das ist die Antwort Russlands auf einen solchen Schritt. Es ist Europa, das jetzt Angst vor den „Iskander“-Komplexen hat und Russland misstraut, aber die Vereinigten Staaten drängen die „Alte Welt“ seit Jahren zu aggressiven Aktionen gegenüber Russland, auf die Moskau eine eigene Antwort hat. Das sollte niemanden verwundern.

Die Aufregung über den „Iskander“-Komplex bezieht sich hauptsächlich auf seine Raketen und Marschflugkörper. Die SFL ist nur ein Träger, eine Startrampe für Starts von Raketen. Der Komplex umfasst neben der SFL mit ihren Raketen noch ein Transport- und Ladefahrzeug mit zwei zusätzlichen Raketen, ein Führungs- und Stabsfahrzeug, das den Funkverkehr in bis zu 350 Kilometern Entfernung ermöglicht, ein Kontroll- und Wartungsfahrzeug, eine IT-Kabine, die die Koordinaten des Ziels bestimmt und die Raketen dazu vorbereitet. Es gibt sogar ein Fahrzeug, das für Unterkunft, Ruhe und Verpflegung der Kampfbesatzungen mitgeführt wird.

Der „Iskander“ kann aufgrund seiner Vielseitigkeit unterschiedliche Raketen verwenden. Die Standard-Raketen sind die ballistische Rakete 9M723M mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern sowie der Marschflugkörper 9M728K mit etwa der gleichen Reichweite. Gleichzeitig ist es auch möglich, den Marschflugkörper 9M729, welcher der Grund für die Beendigung des INF-Vertrags durch die USA war, sowie die Ch-101-Rakete einzusetzen, die beide in der Lage sind, Ziele in einer Entfernung von mehr als 5.000 Kilometern zu erreichen. Dass beide Raketen für den „Iskander“ verwendet werden können, wurde aber noch nicht offiziell bestätigt. Russland brüstet sich nicht mit seinen „Iskander“-Komplexen, aber es setzt sie erfolgreich ein, wie z.B. unter realen Kampfbedingungen in Syrien. Dieser Komplex wurde erstmals während der Parade am 24. Juni 2020 auf dem Luftwaffenstützpunkt Khmeimim gezeigt. Offiziell wurde die Nutzung dieses Systems in Syrien von Verteidigungsminister Sergei Shoigu angekündigt, der den Einsatz der Waffe mit der Notwendigkeit erklärte, hochpräzise Angriffe gegen wichtige Ziele der Terroristen zusammen mit den Cruise Missiles „Kalibr“ und einigen anderen Waffen durchzuführen.

Das operativ-taktische Raketensystem „Iskander-M“, gemäß der NATO-Klassifikation SS-26 „Stone“, ist für die verdeckte Vorbereitung und Durchführung effektiver Raketenangriffe gegen besonders wichtige Klein- und Flächenziele tief im Hinterland feindlicher Streitkräfte ausgelegt. Der „Iskander-Komplex“ entstand als Produkt einer Vereinigung von Forschungsinstitutsgruppen, Konstruktionsbüros und Fabriken unter der Leitung des Konstruktionsbüros für Maschinenbau „Kolomna“. Die Rakete wurde vom Zentralen Konstruktionsbüro „Titan“ (in Wolgograd) und das Zielsuchsystem vom Zentralen Forschungsinstitut für Automatisierung und Hydraulik (in Moskau) entwickelt.

Der Marschflugkörper 9M729 ist auch als R-500 bekannt und sein Haupttriebwerk ähnelt dem des Marschflugkörpers 3M-14 des „Kalibr-NK“-Raketensystems. Der 9M729 ist mit einem Trägheitsnavigationssystem ausgestattet, das mit einem GPS/GLONASS-Signalempfänger gekoppelt ist. Er trägt 500 kg Kampflast, die auch ein nuklearer Sprengkopf mit einer Kapazität von 10 bis 50 Kilotonnen sein kann. Die Rakete kann sogar bewegliche Ziele treffen und die wahrscheinliche Abweichung beträgt nur fünf Meter. Das Haupttriebwerk ähnelt dem kleinen Raketenmotor RDK-300, der vom Sojus-Konstruktionsbüro entwickelt wurde. Er beschleunigt den Flugkörper bei der Annäherung an das Ziel auf bis zu Mach 3. Die 9M729 fliegt in extrem niedrigen Höhen mit Geländeorientierung und Lenkautomatik auf einer im Voraus festgelegten Route, um feindliche Luftverteidigungssysteme zur überwinden. Das Startgewicht der 9M729 beträgt etwa 2500 kg, der Durchmesser 533 mm, die Flughöhe 50-150m, die Reisegeschwindigkeit 180-240 m/s.

Wenn chinesische Militärs jetzt, nachdem sie den Komplex gekauft haben, von der Möglichkeit sprechen, dass der „Iskander-M“-Komplex 14 NATO-Hauptstädte erreichen kann, meinen sie bestimmt den Einsatz der 9M729.

 

(Quelle: Sokirko, V., Swobodnaja Pressa, 21.09., redaktionell bearbeitete Übersetzung)

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